Thursday, December 11, 2008

Heute Auf Deutsch

Maxwell Kuehn
Deutsch 321
Professor: Helmut Müller-Sievers
12/9/08
Finale Aufgabe

Wenn man „Revolution“ hört, denkt man an Unruhe, Unstabilität, und besonders Änderung. Eine politische Revolution ändert die Regierung, eine technologische ändert die Maschinen, eine kulturelle ändert die Ideen—nach einer Revolution ist alles verändert. Aber man muss nur an das Wort „Revolution“ denken, um die größere Kompliziertheit des Konzepts zu sehen: eine Revolution ist eine Umdrehung, eine kreisförmige Bewegung, und deshalb endet sie, wo sie begonnen hat. Eine echte Revolution kann nicht nur den Zustand ändern; sie muss auch diesen neuen Zustand mit dem Alten schlichten, muss die neuen Ideen in die alte Struktur integrieren, um die Änderungen angenehmer, und deshalb dauernder zu machen. Ohne diese Versöhnung wird eine Revolution flüchtig und unerfolgreich sein, und ferner ist sie keine Revolution, weil sie nicht zurückkommt. Diese falschen Revolutionen können auch nach hinten losgehen und reaktionäre Folgen haben, genau das Gegenteil davon, was die Revolutionäre gewollt und erwartet haben. Zum Beispiel, in der französischen Revolution, schmiss das französische Volk den tyrannischen König weg, dann bekommen sie noch einen größeren Tyrann mit Napoleon. Sowohl „Das Erdbeben in Chile“ als auch „Die wunderlichen Nachbarskinder“ handeln von eine Revolution, und beide enden wo sie begonnen haben, aber nur das Letztere ist erfolgreich, weil die Revolutionäre ihre ungewöhnliche Glauben in die größere Struktur der Gesellschaft integrieren.
Als „Das Erdbeben in Chile“ beginnt, brauchen unsere Protagonisten, das junge Liebespaar Jeronimo und Josephe, eine Änderung: sie werden bald sterben. Josephe geht zu ihrer Hinrichtung und Jeronimo bereitet sich vor, sich zu erhenken. Die Gesellschaft hat sie verurteilt und ihre Tode scheinen unabwendbar. Das Erdbeben, eine Art von natürlicher Revolution, ändert diese Unabwendbarkeit—Josephes Hinrichtungszug ist zerstreut, Jeronimos Gefängnis ist zerstört, und die Häftlinge sind befreit. Das Erdbeben zerstört nicht nur Gebäude, sondern auch die ganze Ordnung der Gesellschaft auf den Kopf stellt. Tausende von Unschuldigen sind verletzt und getötet, weil zwei Verbrecher gerettet sind—es ist „als ob das Firmament einstürzte.“ Diese Unordnung der Hierarchie der Erde dauert noch eine kleine Weile. Alles wird noch besser für die Flüchtlinge. Jeronimo und Josephe sind wiedervereinigt mit ihrem Sohn, Philipp, und sie verbringen eine perfekte Nacht, zusammen und frei. Diese Nacht ist total anders von dem vorherkommenden Tag, und repräsentiert das Extrem dieser Revolution, 180 Grad umdreht von dem Alptraum, mit dem die Geschichte beginnt. Die Familie ist nicht getrennt, sondern zusammen; die Sonne scheint nicht, sondern der Mond; und die Familie ist nicht in der Stadt, das große Symbol der schlimmen Ordnung der Gesellschaft, sondern in der Natur, wo alles unglaublich friedlich und schön ist. Jede Umdrehung kommt aber immer zurück zu dem Anfang, und die Nacht muss eventuell enden. Der Tag kommt noch ein Mal und Josephe will eine Messe besuchen, und deshalb geht die Familie zu einer Kirche, und zurück in die Gesellschaft. Jeronimo und Josephe glauben, dass eine Revolution passiert ist, aber leider irren sie sich. Obwohl die Stadt physisch verändert hat, der grausame Geist der Intoleranz besteht. In das Erdbeben, das die Familie als ein Zeichen der Vergebenheit und des Segens Gottes versteht hat, findet der Priester, der Sprecher der Gesellschaft, nur göttliche Wut und Zorn, eine Bestrafung für die Verbrechen von Jeronimo und Josephe. Diese Revolution benötigt den schlüssigen Schritt, der Schritt indem die alte Gesellschaft sich ändert. Wenn die zwei versuchen sich der Gesellschaft wieder anzuschließen, kommen sie in Kontakt mit der gleichen Furcht, Ignoranz, und Unduldsamkeit, die sie fast getötet hat, und natürlich sind die erfolglosen Revolutionäre noch verfolgt. Diese Revolution, wie die französische, ist nicht nur erfolglos, sondern hat den gegenteiligen Effekt. Statt zwei relativ zivilisierter Todesfälle, die wir am Anfang der Geschichte erwarten haben, werden vier Leute, einschließlich ein Baby, von dem Mob sehr brutal hingerichtet.
Wenn man diese Geschichte liest, ist es klar, wo unsere Helden irren: sie sollten einfach nicht zu der Kirche gehen, sondern direkt nach Spanien fliehen. Warum gehen die Parias zurück zu den Leuten, die sie erst gestern unrecht behandelt hatte? Die offensichtliche Antwort ist, dass Josephe „ihr Antlitz vor dem Schöpfer...legen“ will, um Gott für ihre Rettung zu danken. Unter dieser Lust, Gott zu denken, aber, liegt ein tieferer Trieb. Josephe fühlt sich getrennt: sie rebelliert gegen die Kirche und die Gesellschaft, aber sie fühlt sich auch als ein Mitglied davon. Sie ist Bürgerin und eine Christin, und gleichzeitig Verbrecherin von bürgerlichen und christlichen Gesetzen. Dieser Zustand folgt zu innerem Konflikt und psychologischer Pein. Mit ihrer Rückkehr zu der Kirche versucht Josephe diesen Konflikt aufzulösen. Es gibt einen guten Ausdruck für dieses Gefühl von innerem Konflikt: Verzweiflung. Verzweiflung heißt zu zweifeln (wie Josephes Zweifel, ob sie der Gesellschaft angehört oder nicht), und zu zweifeln heißt zwei zu sein. Hier finden wir einen Grund für die kreisförmige Natur der Revolution. Der Bruch mit der Gesellschaft teilt die Seele und führt zu Verzweiflung, und man muss die Alte und die Neue zusammenbringen um diese Verzweiflung zu vermeiden.
Es gibt so eine erfolgreiche Revolution, die diesen schweren Auftrag ausführt, in Goethes „Die wunderlichen Nachbarskinder.“ Wie „Das Erdbeben,“ hat Goethes Geschichte auch eine scheinbare Unabwendbarkeit, die die Gesellschaft bestellt hat, und die ein Liebespaar trotzt. Tatsächlich gibt’s zwei davon: die von den Eltern arrangierte Ehe zwischen den Kindern wenn sie noch ganz jung sind, und die von der Gesellschaft geförderte Ehe zwischen dem Mädchen und einem anderen Mann, einem Bräutigam, der „von Stand, Vermögen, und Bedeutung“ ist, aber der nicht von dem Mädchen geliebt ist. Die erste Ehe ist relativ leicht vermeidet; die Kinder sind einfach so feindlich zu einander, dass die Eltern ihre Entscheidung aufheben. Die zweite Ehe ist viel schwerer zu vermeiden, weil die Braut und ihre Bräutigam schon verlobt sind, aber gleichzeitig ist sie notwendiger zu vermeiden, weil die Braut eine leidenschaftliche Liebe für den Jüngling entdeckt hat. Das Mädchen ist zwischen zwei riesenheftigen Notwendigkeiten verfangen. Sie ist tief und leidenschaftlich in den Jüngling verliebt, aber sie hat irgendwem anders ihre Hand versprochen, und die ganze Macht der Gesellschaft drängt sie, diese Versprechen zu halten. Goethe betont die Strenge ihrer Pflicht mit überflüssigen Adjektiven. Sie muss den Bräutigam absolut heiraten; es ist nicht nur eine „Notwendigkeit,“ sondern eine „unwiderrufliche,“ „unabänderliche“ Notwendigkeit. Zwischen dieser Schuldigkeit zu „Welt und Familie“ und ihre unbezweifelbare Liebe kann die Braut nur Verzweiflung finden, solch eine ungeheure Verzweiflung, dass Selbstmord ihr einziger Ausgang scheint.
Wenn ihr ehemaliger Nachbar dem Brautpaar eine Verlobungsfeier auf einem Schiff gebt, ruft sie ihm „Nimm dies zum Andenken!“ und springt ins Wasser. Der Jüngling springt auch und rettet sie, dann schwimmt er mit der fast gestorbenen Braut zu einer Insel. Diese Insel, wie das schöne Tal in „Das Erdbeben,“ ist wie eine andere Welt, ein unglaublich perfekter natürlicher Zufluchtsort von der Unterdrückung der Gesellschaft. Als ob sie in einem Traum, oder vielleicht ein Märchen, sind, finden das Mädchen und ihr Geliebter auf der Insel „gute Leute, ein junges Ehepaar,“ die mit „einem lichten Feuer“ und „Pelze [und] Felle“ das Mädchen wieder ins Leben rufen. Durch diese qualvolle Rettung, und seine eigene Verzweiflung, als er sie gestorben gedacht hat, entdeckt der Jüngling seine eigene Liebe für das Mädchen. In diesem natürlichen Refugium, frei von dem amoralischen Einfluss der Gesellschaft, finden die Nachbarskinder Heilung, Heilung für die Körper und Heilung für die Seelen. Sie sind verändert, neu bekleidet, nicht nur physisch, „von Kopf zu Fuß,“ sonder auch geistlich, „von innen heraus.“ Sie entscheiden sich zu heiraten, und die Ehe, die die Familien originell geplant hat, einzugehen.
Auf den ersten Blick, wenn man daran denkt, diese endgültige Entscheidung zu treffen, was am Anfang geplant war, kann all die Agonie und Verzweiflung die Protagonistin zwecklos und unnötig scheinen. Am Anfang sagen die Eltern, dass die Nachbarskinder heiraten sollen, und am Schluss stimmen die Kinder zu. Warum müssen so viele Leiden passieren, um den originellen Zweck zu erreichen?
Die Antwort ist, dass der Endzweck der Kinder von den Plänen der Eltern in einer kleinen aber ganz wichtigen Art abweicht, und nur durch die Unruhe einer Revolution können sie einen glücklichen Ausgang finden. Wenn die Gesellschaft plant, die Nachbarskinder aus finanziellen, praktischen Gründen zu heiraten, war die erste Erwiderung der Kinder—einfach nein zu sagen—kindisch, oberflächlich, und keine Lösung. Ihre Schlussentscheidung kommt näher an das was die Eltern wollen heran, ist aber auch weiter entfernt davon—sie werden heiraten, aber nicht wegen der gemeinen Gründen der Eltern, sondern weil sie einander lieben. Nur durch diese Doppelrebellion finden die Nachbarskinder ihr Glück. Mit dem ersten Schritt gehen sie weg, dann kommen sie zurück—eine echte Revolution. Eine Rebellion, die einfach „nein“ zu alles sagt, kann nur zu Zweiheit, und deshalb zu Verzweiflung, führen. Man kann die Umstände ändern, aber die Änderung wird immer unerwartet, vielleicht scheinbar kleiner als was man erwartet hat, aber letztlich wichtiger und tiefer sein.